Erstes Konzert
Sonntag, 12. Oktober 2014, 19 Uhr
Haydn und Mozart:
Etablierung der Gattung
Joseph Haydn:
Streichquartett in Es-dur op. 33 Nr. 2
Wolfgang Amadeus Mozart:
Streichquartett in d-moll KV 421
1781 hatte Joseph Haydn seine Quartette Opus 33 veröffentlicht und sie selbst als „auf eine gantz neue besondere Art“ komponiert beschrieben. Dass dies nicht nur ein Werbespruch war, erkennt man schon daran, dass diese Quartette auch heute noch als der Beginn der echten Wiener Klassik angesehen werden. Hier findet sich zum ersten Mal eine Vollendung des noch jungen klassischen Stils, die es erlaubt, jede Emotion, jeden Witz, jedes Verlangen in absolute Musik zu fassen. Jede Modulation, jeder Kontrast ist nun mit rein musikalischen Mitteln möglich, ohne dass die Musik „gezwungen“ werden muss, oder außermusikalische Programme notwendig wären. Besonders eindrücklich zeigt dies gerade das Es-dur Quartett op. 33 Nr. 2 mit dem Beinamen »Der Scherz«.
Wolfgang Amadeus Mozarts direkte Reaktion auf Haydns Opus 33 sind seine sechs Joseph Haydn gewidmeten Quartette. Was Haydn begonnen hatte, setzte Mozart in diesen Werken auf seine Weise fort: diese sechs Quartette weisen eine Vollendung in Tonsprache, Motivik und musikalischer Balance auf, wie sie auch bei Mozart vorher noch nicht erreicht war. Der wunderschöne Widmungstext an Haydn (der in der Erstausgabe abgedruckt wurde) ist ein Zeugnis von uneingeschränkter musikalischer und persönlicher Freundschaft und höchstem gegenseitigem Respekt.
Zweites Konzert
Sonntag, 1. März 2015, 20 Uhr
Haydns Letztes und
Beethovens Erstes
Joseph Haydn:
Streichquartett in F-dur op. 77 Nr. 2
Ludwig van Beethoven:
Streichquartett in F-dur op. 18 Nr. 1
1799 beauftragte der Mäzen Franz Joseph Maximilian Lobkowitz den berühmten Joseph Haydn und dessen ebenfalls zu großem Ruhm strebenden Schüler Ludwig van Beethoven zeitgleich, ihm jeweils sechs Streichquartette zu schreiben. Ob hier ein Wettstreit geplant war, sei dahingestellt. Letztendlich schrieb Haydn zwei Streichquartette in schneller Folge für den Fürsten, musste die Vollendung des Auftrages jedoch zunächst immer wieder aufschieben – die Arbeit an den „Jahreszeiten“ nahm den Meister zu sehr in Anspruch – und schließlich auf Grund seiner altersbedingten Erschöpfung ganz aufgeben. Beethoven dagegen ließ sich Zeit, und erfüllte den Auftrag zunächst zögerlich, vermutlich, um nicht in allzu offensichtliche Konkurrenz mit dem sehr populären Haydn zu treten.
Erstaunlich ist die Nähe der beiden Werke. Haydn ist hier gar nicht der alternde „Papa“, sondern ein fast avantgardistisch experimentierfreudiger Erneuerer. Besonders das Scherzo mit seiner rhythmischen Widerborstigkeit wäre auch in einem Werk von Beethoven nicht unpassend. Beethoven wiederum nimmt den Federhandschuh mit Respekt auf, in zahlreichen motivischen Anspielungen zeigt er seinem Lehrer, dass er ihn verstanden hat. So ist gerade dieses Werk eine musikalische Ehrerbietung an den greisen Meister, gleichzeitig markiert es den Beginn einer Erneuerung der Gattung.
Drittes Konzert
Sonntag, 14. Juni 2015, 20 Uhr
Auf den Spuren Beethovens
in die Romantik
Ludwig van Beethoven:
Streichquartett in Es-dur op. 74
Felix Mendelssohn Bartholdy:
Streichquartett in Es-dur op. 12
Gerade das heute eher selten gespielte »Harfenquartett« von Ludwig van Beethoven inspirierte mehrere Komponisten der nachfolgenden Generation zu einer Beschäftigung mit der Gattung und einer Weiterentwicklung des Genres. Obwohl die AmZ die »düstere Verworrenheit» und den »geringen melodischen Zusammenhang« kritisierte, war es offenbar gerade das »Hin- und Herschweifen von einem Einfall zum andern« und das »unnötige Wirrwarr harter Dissonanzen«, was es für Schubert, Mendelssohn und Fanny Hensel so attraktiv machte. Für Beethoven war das Werk es trotz der vernichtenden Kritik ganz und gar kein Misserfolg, es verkaufte sich gut.
Für Felix Mendelssohn Bartholdy war Beethoven – frei nach E.T.A. Hoffmann – »der romantischste aller Komponisten«, und gerade das Quartett op. 74 eine Inspirationsquelle. Sein eigenes Streichquartett op. 12 verarbeitet das Vorbild auf typisch Mendelssohn'sche Weise, nichts wird kopiert, die Tonsprache ist klar die Mendelssohn'sche, aber überall findet man Anklänge an das Vorbild. Beethovens harmonisch avantgardistische Einleitung des »Harfenquartetts« reduziert Mendelssohn auf das Wesentliche. Die zarte Canzonetta ist Mendelssohns ganz eigene Antwort auf das bei Beethoven so wuchtig beginnende Scherzo. In beeindruckender Virtuosität übersetzt Mendelssohn mit diesem Quartett Beethoven ins Bürgerliche.